Wer wird neuer CDU-Vorsitzender? Und wie soll die CDU wieder zu neuer Stärke finden? Die Kandidaten Helge Braun, Friedrich Merz und Norbert Röttgen stellten sich am Mittwochabend den Fragen aus ihrer CDU. 25 Gäste im Konrad-Adenauer-Haus – geimpft, getestet und mit Abstand – vertraten die fast 400.000 CDU-Mitglieder. Jeweils eine Frage sollte gestellt werde, jede Antwort nur 60 Sekunden dauern. „Erstmals in ihrer Geschichte bestimmen die Mitglieder darüber, wer CDU-Vorsitzender werden soll“, hieß es dazu in der Einspielung zu Beginn. Die Themen waren breit gefächert: Die Kandidaten wurden zur aktuellen Corona-Lage, zu Außen-, Wirtschafts- und Klimapolitik genauso befragt wie nach Konzepten für die Bildungs- und Industriepolitik. Im Mittelpunkt standen jedoch ihre Ideen für die Neuaufstellung der CDU.

Gemeinsam gegen Corona

Moderatorin Maria Grunwald wurde zunächst brandaktuell: „Wie stehen sie zu den Verschärfungen Corona?“ Die Antworten kamen ehrlich und direkt: Helge Braun, bis nächste Woche amtierender Kanzleramtsminister, will Entlastungen für Krankenhäuser und bis Weihnachten die Booster Impfung, „für ein sicheres Weihnachtsfest und um die Welle zu brechen“. Außenpolitiker Norbert Röttgen forderte „schnelles, gemeinsames, überparteiliches Handeln. Keine Verzögerungen mehr“ sowie „Impfen, Impfen, Impfen“. Die Union habe die Hand ausgestreckt“ – auch zur Debatte einer allgemeinen Impfpflicht. Der Finanz- und Wirtschaftspolitiker Friedrich Merz griff die Vorlagen auf: Er schließe sich seinen Vorrednern an, ergänzte aber: „Wir alle wünschen uns, dass es einen guten Übergang der Regierung gibt.“ Und: „Wenn wir die allgemeine Impfpflicht bekommen, muss man Rücksicht auf die nehmen, die sich impfen lassen können.“

Partei in Erneuerungsprozess einbinden

Für Norbert Röttgen geht es vor allem um zwei Punkte: Die CDU müsse wieder „anschlussfähig werden in der Breite der Bevölkerung. Wir müssen wieder führend werden in den großen Debatten unserer Zeit.“ Friedrich Merz will in zwei Etappen vorgehen: Zunächst müsse die CDU die Landtagswahlen bestehen. „Parallel dazu wollen wir den Prozess der Erneuerung auf den Weg bringen. Die CDU muss modern werden. Sie muss Antworten geben.“ Helge Braun will weg von der Ein-Mann-Show. Er will die Partei wieder insgesamt zur Ideenschmiede machen: „Wir brauchen einen Vorsitzenden, der die Fähigkeit hat, viele andere Gesichter neben sich strahlen zu lassen.“ Und die Partei müsse in den Prozess zur Erneuerung eingebunden werden. Das soll auch weit in die inhaltliche Arbeit gehen. „In Zukunft müssen wir die Werte gemeinsam bestimmen.“

Unterschiede zusammenführen

Brennend interessierte die Mitglieder, wie die drei Kandidaten für Geschlossenheit sorgen und den Osten stärken möchten. Merz will sich „besonders um die ostdeutschen Länder kümmern“, betonte er und forderte eine „kompromisslose Ablehnung einer Zusammenarbeit mit der AFD. Wenn es passiert, gibt es sehr harte Konsequenzen.“ Und er will wieder einen guten Umgangsstil, wieder vertraulich zusammenarbeiten. „Die Zusammenarbeit mit der CSU muss auf ein neues Fundament gestellt werden.“ Braun will gerade die verschiedenen Wurzeln der CDU „als Stärke begreifen, Gegensätze gemeinsam diskutieren und so auflösen. So, wie früher Dregger und Geißler für unterschiedliche Flügel standen, aber zu einer großen Partei gehörten.“ Beim Umgang mit der AFD müsse man die Partei angreifen, nicht deren Wähler. Vor allem Osten müsse die CDU wieder „Anwalt der Menschen sein“. Röttgen beklagt dagegen: Es fehlen Charaktere, „die für unterschiedliche Inhalte stehen und miteinander streiten“. Er will die Debattenkultur stärken, Auseinandersetzung in der Partei gezielt suchen, um so die besten Lösungen gemeinsam zu finden. „Ich plädiere für einen Deutschland-Dialog.“Mirjam Taufenbach aus Halle (Saale) stellt ihre Frage an die Kandidaten.Foto: CDU/Tobias Koch

Die Volkspartei neu aufstellen

Wie kann die CDU wieder attraktiver werden, insbesondere für jüngere Menschen und neue Mitglieder? Helge Braun will dazu erstmal beantworten: „Was kann ein Neumitglied von der CDU als Bereicherung erfahren?“ Er möchte schrittweise eine Frauenquote einführen und Frauenforen einführen. Man brauche eine bessere Vernetzung in der CDU, um Diskussionen offen zu führen – unabhängig von Wohnort und Ortsverband. Er will die CDU damit „zur modernsten Volkspartei in Europa machen“. Auch Röttgen betont: Die Partei muss attraktiv sein, nicht Rituale zelebrieren. Der neue Vorstand muss ins Land, in die Kreisverbände, Kommunikationswege müssen angepasst werde. Die erste Partei-Erfahrung sollte ein „Einladungserfahrung“ sein. Merz will eine Frauenquote nur als letztes Mittel, signalisierte darüber hinaus Zustimmung: „Ich werde mir als Parteivorsitzender erlauben, in einzelnen Walkreisen auch vor den Nominierungen anzurufen und für die Nominierung von Frauen zu werben.“ Der Flaschenhals müsse weg.

Fotos mit Geschichte

Zum Ende der Diskussion wurden die drei Kandidaten gebeten, ein Foto zu zeigen und dessen Geschichte zu erzählen: Friedrich Merz entschied sich für ein Foto seines Teams und erklärte, dass er die Partei breit aufstellen wolle – mit Vertreterinnen und Vertretern aus allen Regionen, diskutierend und lebendig. „Das ist viel Arbeit. Das wird viel Disziplin erfordern. Ich bringe das ein.“ Die CDU sei ein Teil seines Lebens

Norbert Röttgen entschied sich für ein Foto mit seiner Frau und Tochter: Das zeige, dass es auch ein Leben außerhalb der Politik gibt.“ Röttgen sieht die Familie als „Lebensbereich des Glücks, des Vertrauens.“ Gleichzeitig sei das Foto Symbol dafür, „dass Familie erdet“.

Helge Braun zeigte ein Foto jubelnder Wahlkämpfer von 2013. Lange habe die CDU regiert. „Jetzt gehen wir in die Opposition.“ Das sei Aufgabe und Chance. Er will die CDU neu aufstellen – mit Menschen, „die für die unterschiedlichen Gruppen in der CDU stehen.“

Wie geht es jetzt weiter? Noch bis heute Abend, 24 Uhr haben CDU-Mitglieder die Möglichkeit, sich für die Online-Abstimmung zu registrieren. Mitglieder, die sich nicht für das Online-Verfahren anmelden, bekommen automatisch die Abstimmungsunterlagen an die in der Zentralen-Mitgliederdatei hinterlegte Adresse geschickt.